„Unabhängig, sachbezogen und bürgernah“ – so lautet seit 60 Jahren der Grundsatz der Überparteilichen Wählergemeinschaft (ÜWG) von Prien a. Chiemsee. Ergänzt werden könnte dieses Motto noch mit dem Attribut „Gemeinsam aktiv für die Heimat“ – so das Resümee nach einer fröhlichen Jubiläumsveranstaltung, zu der Vorsitzender Peter Fischer mit seiner Vorstandschaft in den festlich gedeckten Chiemsee-Saal im Haus des Gastes eingeladen hatte. Dabei gaben der Vorstand und weitere Festredner einen Einblick in die sechs Jahrzehnte währende Geschichte der Überparteilichen Wählergemeinschaft, die derzeit mit den drei Gemeinderäten Peter Fischer, Hans Herzinger und Michael Schlosser im Priener Marktgemeinderat vertreten ist.
ÜWG-Gründung
„60 Jahre Kommunalpolitik in Prien – darauf dürfen wir wahrlich stolz sein!“ – so Vorstand Peter Fischer, der daran erinnerte, dass Christian Haslinger, Georg Dingler und Franz Seebauer die Initiative ergriffen, um in Prien neben den Selbstständigen und den Unternehmern auch die Berufstätigen im Gemeinderat vertreten zu wissen. Deshalb bezeichnete sich die Gruppierung anfangs auch als Wählergemeinschaft der Berufstätigen. Möglich wurde dies durch eine Verfassungsklage, derzufolge es ab 1960 möglich wurde, dass sich neben den politischen Parteien auch Interessens-Gruppierungen für einen Sitz in den Kommunal-Parlamenten bewerben konnten. Damit war die ÜWG in Prien auch ein Vorreiter auf diesem Sektor für den ganzen Landkreis.
Und erfolgreich war sie auch, denn die ÜWG schaffte 1960 gleich mit vier Mann ein Viertel der damaligen Priener Sitze im Gemeinderat (heute aufgrund der gestiegenen Einwohnerzahl 24 Sitze).
Erfolg und Krise
Den größten Erfolg hatte die ÜWG 1966 mit Franz Seebauer als dieser als Bundesbahn-Verwaltungs-Fachmann zum Ersten Bürgermeister gewählt wurde.
Als jedoch Seebauer im Sinne besserer Verhandlungsbedingungen mit der bayerischen Staatsregierung in München die Gruppierung verließ und zur CSU wechselte, kam die ÜWG in die Krise. „Da war es wertvoll, dass wir mit Gemeinderat Georg Dingler, der 28 Jahre unser Vorsitzender war und der viermal in den Gemeinderat gewählt wurde, eine starke Konstante hatten“, so Peter Fischer, der rückblickend auch den mehrmals gewählten Gemeinderäten Ernst Reiter, Peter Fischer senior, Toni Harntasch, Lorenz Hamberger und vor allem auch Emilie Bogenberger (sie war als erste Frau 16 Jahre im Rat) für ihre langen Tätigkeiten dankte.
Fischer bedankte sich bei den Mitgliedern seiner Gruppierung für das familiäre Zusammenhalten und beim Priener Rathaus für stets offene Türen vom Bürgermeister-Vorzimmer bis zur Hausmeister-Werkstatt.
Grußworte des Bürgermeisters, Kreisvorsitzenden und Landrats-Kandidaten
Bürgermeister Jürgen Seifert (parteifrei) seinerseits würdigte in seinem Grußwort die wertvolle kommunalpolitische Willensbildung in sechs Jahrzehnten zum Wohle der Marktgemeinde und seiner Bürgerschaft. „Eure Leute haben viel für das öffentliche Leben in Prien gemacht und sie haben ehrenamtliche Verantwortungsbereitschaft gezeigt, Eure Ideen unter anderem von einer Tiefgarage am Wendelsteinparkplatz sind nicht umsonst gewesen und auch nicht vergessen!“ – so der Bürgermeister, der sich mit einem Korb mit heimischen Spezialitäten bei Peter Fischer bedankte.
Dieter Kannengießer als Rosenheimer Kreisvorsitzender gratulierte für die insgesamt 26 Freien Wähler-Gruppierungen und Überparteilichen Wählergemeinschaften. „Die ÜWG in Prien ist älter als der Kreisverband, ist in unserem Vorstandschaft gut vertreten und ist in der Gemeinde ohne Ideologie allgegenwärtig“, so Kannengießer, der auch stellvertretender Landrat für den Landkreis Rosenheim ist.
Die Jubiläumsveranstaltung war auch eine gute Gelegenheit für den parteifreien Bürgermeister Rainer Auer von der Gemeinde Stephanskirchen, der sich für den Posten des Landrats von Rosenheim hat aufstellen lassen. Er sagte: „Sachbezogenheit soll gegen Parteipolitik gewinnen, denn aus allen politischen Richtungen gibt es gute Vorschläge und berechtigte Kritik. Im Miteinander und im Abwägen finden wir für die Gemeinden und für den Landkreis die besten Lösungen“. Konkret nannte Auer den Öffentlichen Personennahverkehr für die Zuzugsregion Rosenheim als Beispiel konkret notwendiger Maßnahmen.
Dem Festabend wohnten neben den ÜWG-Mitgliedern als Ehrengäste noch Ehrenbürger Michael Anner senior, CSU-Gemeinderat Michael Anner junior, Grünen-Gemeinderätin Angela Kind sowie Traudl Dingler, Witwe von Georg Dingler bei.
Zwei Blumensträuße gab es für das tüchtige ÜWG-Organisations-Tandem Karina Dingler und Marianne Fischer. Geschenke und Glückwünsche zu ihren in jüngster Zeit erreichten 80 Lebensjahren gab es für Hanjo Wocher (seit 1978 Mitglied), für Alfred Eder (30 Jahre in der Vorstandschaft und immer noch Zeugwart) sowie für Ernst Reiter (Ehrenmitglied, zuweilen Zweiter Vorsitzender und kommissarisch Erster Vorsitzender und 30 Jahre Schriftführer). Reiter war es dann auch, der namens der Geehrten in Versform „Vergelt´s Gott“ sagte mit der ÜWG-Geschichte „Wia do die Zeit vageht“.
Für die volksmusikalische Gestaltung des Abends sorgte Priens Musikschul-Leiterin Brigitte Buckl mit dem Chiemseer Saiten-Ensemble, für beste kulinarische Versorgung wurde der Service von Klaus Schlaipfer aus Prien-Atzing belobigt.
Bericht & Fotos: Toni Hötzelsperger